Ob Verkehrsunfall oder Kündigung des Mietvertrages oder andere Rechtsangelegenheiten, glücklich der, der in solchen Momenten eine Rechtsschutzversicherung hinter sich weiß. Dadurch ist die Angst vor horrenden Rechtsanwaltskosten genommen und Sie können gleich mit kompetentem Rechtsrat eines Anwaltes oder einer Anwältin Ihres Vertrauens Ihre Ansprüche wahren.

Zur Klärung der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung erfolgt in der Regel ein Anruf bei der Versicherung. Sie erfahren nach Schilderung des Falles die rechtlich relevanten Probleme und bekommen auf Wunsch auch einen Anwalt (Vertrauensanwalt der Rechtsschutzversicherung) benannt.
Häufig versprechen die Versicherungen in ihren Vertragsbedingungen (ARB) bei Inanspruchnahme des Vertrauensanwaltes der Rechtsschutzversicherung für den Versicherungsnehmer beitragsmäßige Vorteile. Dem Versicherungsnehmer wird z. B. zugesichert, dass beim nächsten Schadensfall eine Höherstufung des Selbstbehaltes nicht erfolgt, „wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohle¬nen Rechtsanwälte beauftragt wird“.
Mit schriftlicher Bestätigung der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung wird der Versi-cherungsnehmer darauf hingewiesen: „Es steht Ihnen frei, zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen in dieser Angelegenheit einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl zu beauftragen. Wir möchten Ihnen hierfür die Kanzlei ... empfehlen. Folgen Sie unserer Anwaltsempfehlung und beauftragen Sie die genannte Kanzlei, entfällt die Rück¬stufung Ihrer Schadensfreiheitsklasse. Dadurch ver¬meiden Sie eine höhere Selbstbeteiligung im nächsten Rechtsschutzfall. ..“ (OLG Bamberg, Az: 3 U 236/11).
Eine solche Einschränkung des Rechtes der freien Auswahl des Anwaltes Ihres Vertrauens halte ich für nicht zulässig. Diese Auffassung wurde nun durch Gerichtsurteil bestätigt.
Das OLG Bamberg hat die Anwendung einer entsprechenden Klausel auch als unzulässige Beschränkung der freien Anwaltswahl gewürdigt.
Wird dieses Urteil durch den BGH bestätigt, heißt das, dass ein Versicherter, der den Anwalt seiner Wahl in Anspruch nimmt, finanziell nicht schlechter gestellt werden darf als ein Versicherungsnehmer, der den Vertrauensanwalt der Rechtsschutzversicherung in An¬spruch nimmt.
Die Entscheidung bestätigt die in der Vergangenheit vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte Recht-sprechung. So wurde die Praxis eines Mietervereins als unwirksam gewürdigt, wo aufgrund der Mitgliedschaftsbedingungen die Anwaltsauswahl dem Verein übertragen wurde. Der BGH hat ausgeführt, dass „das Gesetz dem einzelnen“ das Recht der freien Anwaltswahl „um seines individuellen Schutzes willen verliehen“ hat, da „das persönliche Vertrauen des Rechtsuchenden in den zu beauftragenden Anwalt die sachliche Grundlage des Mandatsverhältnisses bildet“. Die Auswahl des Anwaltes könne daher „grundsätzlich auch nur von dem in seinen Interessen betroffenen Rechtssuchenden selbst wahrgenommen werden“.
Der Begriff Vertrauensanwalt ist in dieser Angelegen¬heit tatsächlich deutungsfähig.
Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt den sie frei wählen eine Person ihres Vertrauens, einer der kompromisslos für ihre Rechte eintritt. Deshalb ist es ihr Vertrauensanwalt.
Der Vertrauensanwalt der Rechtschutzversicherung beansprucht ihr Vertrauen und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Rechtsschutzversicherung, hierbei kann es für den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin tatsächlich zu Interessenkollision kommen. Wie fühlt man sich, wenn ein Prozess verloren geht und man den Prozessausgang nicht versteht mit dem Verdacht, dass der Vertrauensanwalt der Rechtschutzversicherung als Diener zweier Herren vielleicht sich nicht endgültig für ihre Interessen eingesetzt hat?
Häufig stellt sich schon beim ersten Kontakt heraus, ob eine Vertrauensbasis besteht. Wenn diese nicht vorliegt, dann nehmen sie auf jeden Fall eines Anwalts ihrer Wahl in Anspruch.
Gegen das Urteil des OLG Bamberg ist die Versiche¬rung in Revision gegangen.
Bestätigt der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG Bamberg, hat das zur Folge, dass auch die Schadensfreiheitsmodelle, die mit der Einschränkung der freien Anwaltswahl verknüpft sind, weiterer Versicherer infrage zu stellen sind. Es lohnt sich also bei einer Erhöhung der Selbstbeteiligung oder der Beiträge auf jeden Fall zu prüfen, welches Ereignis Auslöser der Erhöhung sein soll.
Für den Fall, dass Sie sich in der Ausübung Ihres Rechts der freien Anwaltswahl eingeschränkt sehen, sollten Sie auf die Unwirksamkeit der Klauseln verweisen und Ihr Wahlrecht der freien Anwaltswahl trotzdem ausüben. Wenn Nachteile, wie die Erhöhung der Selbstbeteiligung, folgen, berate und vertrete ich, oder andere Kollegen/Kolleginnen, Sie und Ihre Interessen gegenüber Ihrer Rechtschutzversicherung, gegebenenfalls auch gerichtlich.

RA Christian Raabe