Das BAG hat mit Beschluss vom 30.4.2014 die Frage beantwortet, unter welchen Voraussetzungen sich ein Prozesskostenhilfe-Antrag auf nicht rechtshängige Angelegenheiten und damit auch auf einen Mehrvergleich erstreckt.

(BAG, Beschluss vom 30.4.2014, 10 AZB 13/14)

Stellt eine Partei einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für eine bestimmte Instanz, so bezieht sich dieser regelmäßig nur auf die bereits rechtshängigen Streitgegenstände oder die Streitgegenstände, die gleichzeitig mit der Antragstellung anhängig gemacht werden. Dies gilt für die Rechtsverfolgung durch den Kläger ebenso wie für die Rechtsverteidigung des Beklagten. Nur für die bereits anhängigen Ansprüche kann das Gericht typischerweise die Erfolgsaussichten von Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung prüfen. Trifft das Gericht in einem solchen Fall eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, beschränkt sich die Bewilligung auf diese Streitgegenstände, soweit es nicht ausdrücklich etwas anderes ausspricht. Kommt es nach der Bewilligung zu einer Klageerweiterung oder soll Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich bewilligt werden, bedarf es eines neuen Antrags.
Anders kann die Situation hinsichtlich späterer Klageerweiterungen sein, soweit über den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe zum Zeitpunkt der Klageerweiterung noch nicht entschieden ist. Der Wille des Antragstellers wird in einem solchen Fall regelmäßig darauf gerichtet sein, auch für solche Anträge Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, sodass eine entsprechende Auslegung seines Antrags naheliegt. Gegebenenfalls ist dies vom Gericht durch Nachfrage aufzuklären.
Gleiches gilt, wenn vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zwischen den Parteien ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wird, der bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst. Kommt es zu einem solchen Mehrvergleich, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die finanziell unbemittelte Partei Prozesskostenhilfe nicht nur für die bereits rechtshängigen Streitgegenstände begehrt, die durch diesen Vergleich erledigt werden, sondern auch für die weiteren durch den Vergleich miterledigten Streitpunkte. Für eine gegenteilige Annahme fehlt - von Ausnahmefällen abgesehen - jegliche Grundlage. Es ist nicht erkennbar, warum eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens über die bereits anhängigen Streitgegenstände zu tragen, in der Lage wäre, die Kosten des Mehrvergleichs zu übernehmen und deshalb hierfür keine Prozesskostenhilfe beantragen will. In einem solchen Fall ist die Beantragung von Prozesskostenhilfe für die Instanz deshalb mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig so zu verstehen, dass sie auch einen Mehrvergleich erfassen soll. Für ein solches Verständnis sprechen im Übrigen auch Gründe der Prozessökonomie: Mit der Erstreckung eines Vergleichs auf weitere, zwischen den Parteien streitige, aber noch nicht rechtshängige Ansprüche werden weitere Rechtsstreitigkeiten und damit gegebenenfalls notwendige weitere Bewilligungen von Prozesskostenhilfe vermieden.
Übergeht das Gericht in einer erkennbar abschließenden PKH-Entscheidung einen von der Partei gestellten Antrag teilweise, muss innerhalb der 2-Wochenfrist gemäß § 321 II ZPO Beschlussergänzung beantragt werden.