Schenkungen von Schwiegereltern an ihr Schwiegerkind zur Bedienung eines Immobilienkredits können ihre Geschäftsgrundlage im dauerhaften Wohnen des eigenen Kindes nur im Umfang des Tilgungsanteils haben. Mit dem Zinsanteil werden demgegenüber Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten, welche grundsätzlich nicht zu einer Rückforderung berechtigen.
(BGH, Beschluss vom 26. November 2014 - XII ZB 666/13 -)

Die Schwiegereltern verlangen von ihrem ehemaligen Schwiegersohn nach dem Scheitern der Ehe ihrer Tochter Geldzuwendungen zurück, die in ein Wohngrundstück der geschiedenen Ehegatten investiert wurden. Das Wohngrundstück stand im hälftigen Miteigentum der Ehegatten. Es wurde darlehensfinanziert von den Ehegatten erworben. Zur Bezahlung der Darlehensraten erhielten die Ehegatten von den Schwiegereltern monatliche Zuwendungen. Im Zuge der Trennung übertrug der Schwiegersohn seinen Grundstücksanteil auf seine geschiedene Ehefrau. Die Schwiegereltern forderten trotzdem vom ehemaligen Schwiegersohn die Hälfte der an beide Ehegatten geflossenen monatlichen Zuwendungen zurück.

Die Zuwendungen stellen Schenkungen dar, die bei Wegfall der Geschäftsgrundlage zurück gefordert werden können. Auf schwiegerelterliche Zuwendungen sind jedoch, auch wenn sie als Schenkung zu werten sind, die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrund-lage gemäß § 313 Abs. 1 BGB anwendbar (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 25 ff.; vom 21. Juli 2010 XII ZR 180/09 FamRZ 2010, 1626 Rn. 13 und vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 21).
Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Um-stände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen auf-baut. Ist dies hinsichtlich der Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten (künftigen) Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, der Fall, so bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 26 und vom 21. Juli 2010 XII ZR 180/09 FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 jeweils mwN).

Die mit einer Zuwendung verbundene Erwartung, die Schenkung werde dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommen, ist nur berechtigt, wenn diese entweder gegenständlich oder jedenfalls mit ihrem Gegenwert dazu bestimmt ist, das (Aktiv-)Vermögen des Empfängers dauerhaft zu erhöhen. Nur dann können die Schwiegereltern erwarten, dass ihr Kind von der Zuwendung dauerhaft profitieren wird. Wenden die Schwiegereltern dem Schwiegerkind dagegen Be-träge zur Bestreitung laufender Kosten, insbesondere des täglichen Konsums zu, so verbleibt kein für das eigene Kind nutzbarer Vermögenswert, auch wenn insoweit eine schenkweise Bereicherung des Empfängers eingetreten ist. Er-bringen die Schwiegereltern die Zuwendung zur Befreiung von Verbindlichkeiten, so kommt es darauf an, ob und inwiefern die Zuwendung das Vermögen des Empfängers dauerhaft erhöhen soll (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 31).

Die Geschäftsgrundlage einer schwiegerelterlichen Schenkung, dass die Zuwendung auch dem eigenen Kind auf Dauer zugutekommt, fällt jeden falls dann (teilweise) weg, wenn das eigene Kind nicht im vorgestellten Um- fang von der Schenkung profitiert. Falls dies Folge des Scheiterns der Ehe des Kindes mit dem Zuwendungsempfänger ist, ist die Geschäftsgrundlage dementsprechend insoweit entfallen, als die Begünstigung des eigenen Kin des entgegen der Erwartung seiner Eltern vorzeitig endet (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 59 und vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 29; vgl. auch Senatsurteil vom 7. September 2005 XII ZR 316/02 FamRZ 2006, 394, 395). Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern können dann auch nicht deswegen verneint werden, weil das eigene Kind Miteigentümer der mit der schwiegerelterlichen Zuwendung finanzierten Immobilie ist und diese auch nach der Trennung bewohnt (Senatsurteil vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 30).

Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt allerdings noch nicht zu einer Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB. Vielmehr muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem Zuwendenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Im Falle einer Schwiegerelternschenkung führt das Scheitern der Ehe von Kind und Schwiegerkind daher auch dann, wenn der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, nicht automatisch, sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung.

Hierbei sind insbesondere die Kriterien heranzuziehen, die auch nach der Senatsrechtsprechung zu unbenannten schwiegerelterlichen Zuwendungen zugrunde zu legen waren; lediglich güterrechtlichen Aspekten kommt allerdings keine Bedeutung mehr zu (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 58 und vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 28). Neben der Ehedauer sind dabei unter anderem die persönlichen und wirtschaftli-chen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhande-nen Vermögensmehrung, aber auch mit der Schenkung verbundene Erwartun-gen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter von Bedeutung (vgl. hierzu etwa Senatsurteile vom 7. September 2005 XII ZR 316/02 FamRZ 2006, 394, 395 ff.; vom 28. Oktober 1998 XII ZR 255/96 FamRZ 1999, 365, 366 f. und vom 4. Februar 1998 XII ZR 160/96 FamRZ 1998, 669, 670; Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Gü-terrechts 6. Aufl. Rn. 562 ff. mwN).
Liegen die genannten Voraussetzungen vor und hat der Zuwendende einen Anspruch auf Vertragsanpassung, so hat diese unter Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen (Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 58 mwN). Insbesondere ist die Höhe der durch die Zuwendung bedingten, beim Empfänger noch vorhandenen Vermögensmehrung zu berücksichtigen. Der Anpassungs- und Rückforderungsanspruch setzt grundsätzlich eine beim Weg-fall der Geschäftsgrundlage noch vorhandene, messbare Vermögensmehrung voraus, die zugleich den Anspruch nach oben begrenzt (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 XII ZR 149/09 FamRZ 2012, 273 Rn. 31).

In welchem Umfang in dem vorgegebenen Rahmen eine Vertragsanpassung und Herausgabe geschuldet ist, wird ferner davon beeinflusst, inwiefern sich die zur Geschäftsgrundlage gewordenen Vorstellungen der zuwendenden Schwiegereltern verwirklicht haben (Senatsurteile BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 59 und vom 28. Oktober 1998 XII ZR 255/96 FamRZ 1999,365, 367 jeweils mwN). Hierbei ist darauf abzustellen, was die Schwiegereltern für den Empfänger insoweit erkennbar nach Treu und Glauben erwarten durf-ten. Dagegen lässt sich insbesondere bei Immobilien ohne konkrete Anhalts-punkte keine allgemeine zeitliche Grenze angeben, mit der die vorgestellte Nut-zungsdauer abgelaufen ist. Daher verbietet sich die Annahme des Oberlandes-gerichts, die Nutzung der angeschafften Immobilie sei ohne weiteres schon dann als hinreichend zu betrachten, wenn eine Ehedauer von 20 Jahren er-reicht ist oder wenn die Enkel volljährig geworden sind (wie das Oberlandesgericht auch OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 161 und OLG Frankfurt Beschluss vom 4. Juni 2012 6 UF 12/12 juris; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinan-dersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 7 Rn. 231; Büte FuR 2011, 664, 665). Das würde voraussetzen, dass die Schwiegereltern von vorn-herein die Vorstellung hätten, dass ihr Kind lediglich für eine begrenzte Dauer von der Zuwendung profitieren und eine zugewendete oder eine ersatzweise angeschaffte andere Immobilie etwa nach Auszug der Enkelkinder nicht mehr bewohnen werde. Mangels entsprechender konkreter Anhaltspunkte fehlt einer solchen Annahme die Grundlage. Für sie kann insbesondere nicht die Lebenserfahrung angeführt werden. Die nach Auffassung der Rechtsbeschwerde gebotene Orientierung an der für die Schenkungsrückforderung gemäß § 528 BGB geltenden Frist von zehn Jahren (§ 529 Abs. 1 BGB) ist erst recht nicht gerechtfertigt. Die § 528 BGB zugrunde liegende Fallkonstellation ist mit der vorliegenden bereits deshalb nicht vergleichbar, weil im Fall des § 528 BGB mit der Schenkung keine bestimmten Erwartungen im Hinblick auf die künftige Verwendung des Geschenks verbunden sind.

BGH Beschluss vom 26.11.2014