1. Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).
2. Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.
(BGH Urteil 07.12.2012 - XII ZR 151/09)

3. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat.
Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).

4. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.

Leitsätze des Urteils

Anm.:

Der BGH stellt also klar, dass bei der Ehegatten-Unterhaltsberechnung nach wie vor von den ehelichen Verhältnissen auszugehen ist, sodass eine zweite Ehefrau (oder die Mutter eines außerehelich geborenen Kindes) zunächst bei der Bedarfsbemessung für die geschiedene Ehefrau nicht berücksichtigt werden. Der Bedarf des geschiedenen berechtigten Ehegatten richtet sich nach dem Halbteilungsgrundsatz und nach dem beiderseitigen Einkommen der (geschiedenen) Eheleute oder nach dem alleinigen Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten.

Erst bei der Ermittlung der unterhaltsrechtlciehn Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen werden weiter Unterhaltspflichten berücksichtigt und zwar entsprechend der Rangfolge des § 1609 BGB. Die Dreiteilungsmethode darf/kann aus Gründen der Billigkeit angewendet werden, wenn gleichrangige Ehefrauen um Unterhalt konkurrieren. Die Dreiteilungsmethode bereits bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen ist nicht mehr zulässig.

pdf BGH 07.12.2012 Dreiteilung des Einkommens bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten