Steht einem volljährigen Kind Ausbildungsunterhalt zu, wenn es das Studium abbricht? Ja sagt das OLG Naumburg, wenn dabei außer Streit steht, dass das abgebrochene Studium nicht den Neigungen des Kindes entspricht, der Wechsel erfolgen musste und angesichts der dem Kind zuzubilligenden Orientierungsphase auch nicht zu beanstanden war. Es ist zu berücksichtigen, dass ein unterhaltspflichtiger Elternteil nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen muss. Dies gelte auch dann, wenn das Kind die Verzögerungen durch ein „vorübergehendes leichtes Versagen“ selbst verursacht habe.

OLG Naumburg - Beschluss (8 WF 274/09) vom 12.01.2010

 
Erst wenn ein Kind seine Obliegenheit, die von ihm angestrebte Ausbildung zielstrebig und planvoll aufzunehmen und durchzuführen, "nachhaltig" verletze, müsse es selbst für seinen Unterhalt aufkommen. Denn nur dann entspreche sein Verhalten nicht mehr dem unterhaltsrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzip, nach dem ein Kind auf die Belange des unterhaltspflichtigen Elternteils Rücksicht zu nehmen habe. 
Indem sich aber das Kind während der streitigen Zeit aber immer wieder – und letztlich mit Erfolg - um Ausbildungsplätze in dem von ihr ins Auge gefassten Berufsfeld bemühte, hat es seine Ausbildungsobliegenheit erfüllt. Erst wenn derartige Bemühungen gänzlich unterblieben, verletze ein Kind das unterhaltsrechtliche Gegenseitigkeitsprinzip.
 
Wenn aber ein volljähriges Kind - etwa bedingt durch einen numerus clausus - über längere Zeit auf einen Studienplatz warten muss und sich während der Wartezeit auch nicht um eine anderweitige Aneignung von berufswunschbezogenem Wissen bemüht, entfällt der Unterhaltsanspruch. In derartigen Fällen besteht - vor Antritt der Berufsausbildung - kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB.