Urlaub, Urlaubsabgeltung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Urlaub, Urlaubsabgeltung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wird über das Vermögen eines Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet und stehen dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis noch Urlaubsansprüche oder Urlaubsabgeltungsansprüche zu, stellt sich die Frage, wie diese im Insolvenzverfahren zu bewerten sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen, Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 HS 2 InsO (BAG, Urteil 25.03.2003, NZA 2004, 43; BAG, Urteil 18.11.2003, NZA 2004, 651; BAG, Urteil 15.02.2005, NZA 2005, 1124; BAG, Urteil 21.06.2005, NZA 2006, 512). Diese Ansprüche beruhen auf dem Arbeitsvertrag als einem gegenseitigen Vertrag, der vom Insolvenzverwalter als Schuldner zu erfüllen ist, sei es durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht, sei es durch Abgeltung der nicht durch Freistellung erloschenen Urlaubstage. Wird dem Arbeitnehmer Urlaub gewährt, hat er Anspruch auf Zahlung des regelmäßigen Arbeitsentgeltes im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB. Kann wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub nicht mehr gewährt werden, entsteht nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein Anspruch auf Abgeltung durch eine entsprechende Zahlung.

Mit Urteil vom 21.11.2006 (NZA 2007, 697) hat das Bundesarbeitsgericht nochmals ausdrücklich festgestellt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den noch nicht festgelegten Urlaub keine Zäsur bedeutet. Eine Aufteilung in einen vor und einen nach Verfahrenseröffnung entstehenden Teil-Urlaubsanspruch ist mit dem gesetzlichen Urlaubsrecht nicht vereinbart. Nach § 1 BUrlG ist dem abhängig beschäftigten Arbeitnehmer zwingend in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub zu gewähren, möglichst zusammenhängend (§ 7 Abs. 2 BUrlG).

Der Urlaub bemisst sich zwar nach Tagen und ist insoweit auch teilbar. Das gilt aber nicht für den Urlaubsanspruch als solchen, der einheitlich nach Erfüllung der Wartezeit am 01.01. eines Jahres in voller Höhe entsteht und von keiner Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängig ist. Das nach § 5 BUrlG der Urlaubsanspruch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der ersten Jahreshälfte auf 1/12 für jeden vollen Beschäftigungsmonat verkürzt wird und bei einem Eintritt des Arbeitsnehmers in der zweiten Jahreshälfte ebenfalls nur ein Teilanspruch entsteht, ändert an der Unteilbarkeit des Urlaubsanspruches als solchem nicht. Für den Ersatzurlaub und dessen Abgeltung gilt insolvenzrechtlich nichts anderes.

Stellt der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer unwiderruflich „unter Anrechnung auf offenen Urlaub“ von jeder Arbeitsleistung frei, entsteht hinsichtlich der Ansprüche auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld keine sogenannte Neumasseverbindlichkeit. 
Auch wenn der Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter zu weiterer Arbeitsleistung herangezogen wird, begründen die offen Urlaubsansprüche nicht ohne Weiteres in voller Höhe Neumasseverbindlichkeiten. Als Neumasseverbindlichkeit ist nur der anteilig auf die Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entfallende in Geld ausgedrückte Urlaub zu berichtigen. Zeiten, in denen der zur weiteren Arbeitsleistung herangezogene Arbeitnehmer nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder wegen Feiertagen ausfällt, begründen ebenfalls Neumasseverbindlichkeiten.

Wird also der Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zur Arbeitsleistung herangezogen, so hat der Insolvenzverwalter noch offene Urlaubsansprüche nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 BUrlG durch Freistellung von der Arbeitspflicht ohne jede Einschränkung zu erfüllen. Für den von ihm gewährten Urlaub gilt, dass der Anspruch auf Urlaubsentgelt nur anteilig als Neumasseverbindlichkeit zu berücksichtigen ist. Zur Berechnung ist der in Geld ausgedrückte Jahresurlaub des Arbeitnehmers, im Verhältnis zu der Dauer der nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erbrachten Arbeitsleistungen zu setzen. Jahresurlaub für Zeiten vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit bleiben also Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO. Gleiches gilt auch für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

03.08.2007
(RA Dienemann)