Krankheitsbedingte Kündigung - betriebliches Eingliederungsmanagement
Will ein Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung, insbesondere wegen lang andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, aussprechen, stellt  die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung dar.
(BAG Urteil vom 12.7.2007, 2 AZR 716/06)

Leitsätze des BAG

1. Das Erfordernis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für behinderte Menschen.

2. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung.

3. Die Regelung des § 84 Abs. 2 SGB IX stellt eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.

Nach dem der Arbeitnehmer fast 1 1/2 Jahre arbeitsunfähig erkrankt war, mehrere Operationen und anschließende Rehabilitationen erfolglos waren, um die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgerecht aus personenbedingten/krankheitsbedingten Gründen. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage u.a. auch mit der Begründung, der Arbeitgeber habe das in § 84 Abs. 2 SGB IX geregelte Wiedereingliederungsmanagement nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt, weshalb die Kündigung formal unwirksam sei. Das BAG hat nunmehr klargestellt, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt (anders als die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes bei Kündigung schwerbehinderter Menschen), sodass die Kündigung allein deshalb nicht unwirksam ist.

Im Rahmen der im Kündigungsschutzprozeß vorzunehmenden Interessenabwägung kann, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit, allerdings das Fehlen des betrieblichen Eingliederungsmanagement problematisch für den Arbeitgeber werden, bishin zur Unwirksamkeit der Kündigung. Allerdings sind stets die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.