Im Rahmen des Trennungsunterhalts trifft den Unterhaltsschuldner grundsätzlich keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz (Abgrenzung zum Senatsurteil BGHZ 162, 234 = FamRZ 2005, 608).
 (BGH Urteil vom 12.12. 2007 Az.:XII ZR 23/06)

Anders als beim Kindesunterhalt, bei dem der Unterhaltspflichtige einer gesteigerten Erwerb-und Unterhaltsverpflichtung gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB unterliegt, trifft den Unterhaltspflichtigen im Rahmen des Trennungsunterhaltes keine Verpflichtung ein Insolvenzverfahren einzuleiten, um den Unterhalt seines getrenntlebenden Ehegatten sicherzustellen. Das hat der BGH am 12.12. 2007 entscheiden. 

Zitatauszug aus den Urteilsgründen: 

bb) Demgegenüber wird überwiegend vertreten, eine Obliegenheit des Unterhaltsschuldners zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lasse sich allein durch die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB rechtfertigen. Insbesondere beim Anspruch auf Trennungsunterhalt scheide eine dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder vergleichbare Situation aus, weil es sich dabei regelmäßig um eine in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegte Verschuldung handele, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte mittragen müsse (OLG Celle FamRZ 2006, 1536; OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1457 [für einen Anspruch aus § 1615 l Abs. 1 und 2 BGB]).

cc) Der Senat schließt sich im Grundsatz der zuletzt genannten Auffassung an. Die Gegenmeinung verkennt die Tragweite der verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit des Unterhaltsschuldners. Eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lässt sich deswegen nur aus besonders gewichtigen Gründen rechtfertigen, hinter denen die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Unterhaltsschuldners zurücktreten muss.

Solche Umstände sind regelmäßig in der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB zu erblicken. Denn diese Unterhaltspflicht beruht auf dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Pflege und Erziehung der Kinder aus Art. 6 Abs. 2 und 5 GG und überwiegt deswegen grundsätzlich die nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit des Unterhaltsschuldners. Hinzu kommt, dass minderjährige und privilegierte volljährige Kinder in der Regel keine Möglichkeit haben, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Der Senat hat deswegen in Fällen einer gesteigerten Unterhaltspflicht auch sonst stärkere Anstrengungen des Unterhaltsschuldners für zumutbar gehalten (BGHZ 162, 234, 239 f. = FamRZ 2005, 608, 609).

Diese Begründung ist auf den Unterhaltsanspruch getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten nicht in gleicher Weise übertragbar. Wegen der grundsätzlichen Möglichkeit getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten, den eigenen Unterhalt selbst sicherzustellen, hat der Gesetzgeber die gesteigerte Unterhaltspflicht nicht - wie in § 1603 Abs. 2 BGB - auf den Ehegattenunterhalt erstreckt. Hinzu kommt, dass mit dem vom Bundestag und vom Bundesrat bereits beschlossenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 (BT-Drucks. 16/830) auch der Rang des Ehegattenunterhalts gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger und ihnen gleichgestellter Kinder geändert worden ist. § 1609 BGB weist jetzt nur noch Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder den ersten Rang zu. Erst mit einem späteren Rang folgen die Unterhaltsansprüche Kinder erziehender Eltern und sonstiger (früherer) Ehegatten. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht entscheidend darauf an, dass auch die Klägerin in dem hier zu entscheidenden Einzelfall nicht in der Lage sein dürfte, ausreichend für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Denn der Gesetzgeber hat im Rahmen des Ehegattenunterhalts selbst den notwendigen Unterhaltsbedarf nicht dem Kindesunterhalt gleichgestellt. Entsprechend hat der Senat in ständiger Rechtsprechung einen Mindestbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten abgelehnt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 364). Im Gegensatz dazu sieht das vom Bundestag und vom Bundesrat bereits beschlossene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 in § 1612 a BGB für minderjährige Kinder einen Mindestunterhalt vor, der sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG richtet. Auch ein Verzicht auf Unterhaltsansprüche für die Zukunft ist nach § 1614 Abs. 1 BGB beim Verwandtenunterhalt nicht zulässig, während § 1585 c BGB eine Vereinbarung über den Unterhalt für die Zeit nach der Ehescheidung ausdrücklich zulässt. Die Ausgestaltung des Ehegattenunterhalts ist deswegen mit dem besonders stark ausgestalteten Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder nicht vergleichbar.

Den Schuldner des Trennungsunterhalts oder des nachehelichen Unterhalts trifft im Hinblick auf seine verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit deswegen regelmäßig keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz. Denn die Kreditbelastungen hatten regelmäßig bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte hatte seine Lebensverhältnisse auf diese Ausgaben eingestellt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Ehegatten seit ihrer Trennung nicht mehr nach § 1360 a BGB zum Familienunterhalt verpflichtet sind, der ihnen die gleichmäßige Teilhabe an den für den Unterhalt der Familie zur Verfügung stehenden Mitteln sichert. Die Verpflichtung zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt setzt demgegenüber die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten voraus, die nur vorliegt, wenn sein Ehegattenselbstbehalt gewahrt ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683). Mit der Trennung der Parteien ist die Kreditbelastung deswegen nicht nur bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, was das Berufungsgericht verkannt hat.