Für die Frage, ob die Aufnahme einer neuen Beziehung durch den Unterhaltsberechtigten einen Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB darstellt, kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine gleichgeschlechtliche oder eine heterosexuelle Beziehung handelt.
(BGH Urteil vom 16.04.2008 Az.: XII ZR 7/05)

Der BGH hatte zu prüfen, ob eine Ehefrau, die sich von ihrem Ehemann und den aus der Ehe hervorgegangenen fünf Kindern (drei Kinder lebten noch im Haushalt des Ehemannes) getrennt hatte und sich im Rahmen einer neuen Partnerschaft einer anderen Frau zugewandt hatte, Ehegattenunterhalt beanspruchen kann. Der BGH hat den Rechtstreit zur endgültigen Entscheidung an das OLG zurückverwiesen und u.a. folgendes zu bedenken gegeben:

Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes gemäß § 1579 Nr. 7 BGB ist danach nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten, der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne seinerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 666 f.; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 572 und vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Dabei ist es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren Anschluss an die Trennung einem anderen Partner in der vorgenannten Art zuwendet oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1989 - IVb ZR 78/88 - FamRZ 1989, 1279, 1280). Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte (so etwa auch Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. IV Rdn. 487).

Diese Beurteilung gilt für den hier in Rede stehenden Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB unabhängig davon, ob der Berechtigte eine heterosexuelle oder eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft begründet oder zu einem Mann oder einer Frau ein nachhaltiges auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufnimmt. Soweit das Berufungsgericht ausführt, aus verfassungsrechtlicher Sicht verbiete es sich, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren, ist dem entgegenzusetzen, dass allein die sexuelle Umorientierung keinen Anlass zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen gibt. Die Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen und die deshalb vorgenommene Trennung bleiben dem Berechtigten unbenommen. Die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB ist erst dann gerechtfertigt, wenn der Berechtigte sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zuwendet. Insofern gewährleistet § 1579 BGB gerade die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs würde aber dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch Verhaltensweisen, wie sie in den Tatbeständen des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB normiert sind, ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 344/81 - FamRZ 1983, 569, 571 f.; BVerfG FamRZ 1981, 745, 748 ff.). Für den Verpflichteten macht es insofern auch keinen maßgebenden Unterschied, ob sein Ehegatte eine Beziehung zu einem Mann oder zu einer Frau aufgenommen hat. Andererseits stellt sich das Fehlverhalten des Berechtigten nicht deshalb in einem milderen Licht dar, weil er einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner gewählt hat.

pdf BGH Urteil 16.04.2008 Härtegrund beim Ehegattenunterhalt